Hildegard Knef: Liedtexte

 

Anderthalb Millionen

Fritz Schulz-Reichel / Fred Weyrich

 

Anderthalb Millionen

wohnen in der Stadt,

die so laute Straßen

und kalte Häuser hat.

Anderthalb Millionen,

Menschen groß und klein

und dennoch ist ein jeder mittendrin allein!

 

Anderthalb Millionen,

die sind nummeriert,

nach Beruf und Namen

in Ordnern registriert.

Anderthalb Millionen

sind für ihre Stadt

die Masse, die die Stadt einmal geschaffen hat.

 

Sie jagen unaufhörlich,

angeschnallt auf Sitzen,

und merken es schon selbst nicht mehr.

Die Vorfahrt, die sie haben,

sie endet für sie alle

irgendwann im Kreisverkehr!

 

Anderthalb Millionen

leben auf der Flucht,

immerfort getrieben

vor Angst und Eifersucht.

Anderthalb Millionen

leben vor sich hin

und warten lebenslänglich auf den Hauptgewinn!

 

Doch zwischen grauen Mauern

sieht man ein paar Blumen

mit letzter Kraft

verzweifelt blüh'n!

Die Alten sitzen müde

im Park auf ihren Bänken

und schauen auf das matte Grün!

 

Anderthalb Millionen

lauern Tag und Nacht,

dass mal irgendeiner

nur eine Dummheit macht.

Dann beginnt das Quälen,

man lässt ihn nicht in Ruh'

und anderthalb Millionen

schauen dabei zu!

 

 

© Melodie der Welt J. Michel KG Musikverlag

Erstveröffentlichung: LP Lausige Zeiten, 1/1977

2. Version: LP Remixed - 12 Versions by Hans Nieswandt, 9/2012

Weitere Veröffentlichungen: